Sprachbildung im Kindergarten. Die unterschätzte Superkraft im pädagogischen Alltag.
- Christian Marx
- 6. März
- 3 Min. Lesezeit

Scharnstein, 6. März 2025
Warum der Kindergarten-Alltag eine gute Sprachschule ist – und wie Fachkräfte diesen optimal nutzen können. Zum Europäischen Tag der Logopädie gibt Sophie Gruber Einblicke. Ein Gespräch von Reimen bis Rollenspielen.
Sprache ist mehr als Worte aneinanderzureihen – sie ist DER Schlüssel zur Umwelt. Jedes Kind entwickelt sie auf eigene Weise. Im Kindergarten gestalten Pädagog:innen Sprachförderung als selbstverständlichen Teil des Alltags. Doch welche Methoden unterstützen diesen Prozess am besten? Sophie Gruber gibt Einblicke, wie Sprachfähigkeiten spielerisch gestärkt werden können.
Und so überrascht es nicht, dass der Beginn dieses Interviews mit der Logopädin ein Reim ist:
„Sprache beginnt im Spiel und Klang, wächst mit Reim und Wortgesang – denn Sprache muss erlebbar sein“,
sagt Sophie Gruber. Das funktioniert am besten über Lieder, Reime und Spiele, die Kinder intuitiv mitreißen. Besonders effektiv sei das Silbenklatschen: „Es hilft Kindern, das Sprachsystem zu begreifen, indem sie Laute bewusst wahrnehmen.“ Auch das Reimen bringe große Vorteile: Wenn ein Kind merkt, dass „Haus“ und „Maus“ ähnlich klingen, entwickelt es ein Gespür für sprachliche Strukturen – eine wichtige Grundlage für späteres Lesen und Schreiben. Bilderbücher bieten eine weitere Möglichkeit, den Wortschatz zu erweitern. Doch es reicht nicht, sie nur vorzulesen. „Fragen wie ‚Was glaubst du, wie es weitergeht?‘ oder ‚Was hat die Figur gerade erlebt?‘ laden Kinder dazu ein, eigene Gedanken zu formulieren und sich auszudrücken“, erklärt Gruber.
Sprachliche Entwicklung unterstützen – ohne Druck
Gezielte Sprachspiele sind wertvoll, doch noch entscheidender ist die tägliche Kommunikation. „Im Kindergarten-Alltag werden oft verkürzte Anweisungen genutzt, wie ‚Komm!‘ oder ‚Mach auf!‘. Dabei wäre es hilfreicher zu sagen: ‚Es ist Jausenzeit, du setzt dich an deinen Platz und holst deine Box heraus.‘ So erhalten Kinder sprachliche Strukturen, die sie intuitiv übernehmen“, betont Gruber.
Die Art der Kommunikation spielt dabei eine ebenso große Rolle. Blickkontakt, ein auf Augenhöhe geführtes Gespräch und aktives Zuhören sind essenziell. „Wenn ein Kind voller Begeisterung vom Wochenende erzählt, aber die Pädagogin parallel in Unterlagen blättert, sendet das ein Signal: Deine Worte sind nicht so wichtig“, sagt Gruber. Wer sich stattdessen bewusst dem Kind zuwendet, signalisiert Interesse – und stärkt damit seine Sprechfreude.
Jedes Kind hat sein eigenes Tempo in der Sprachentwicklung. Wie können Erzieher:innen unterstützend wirken, wenn Aussprache oder Satzbildung noch nicht sicher sind? „Wichtig ist, ohne Druck zu arbeiten“, sagt Gruber. „Wenn ein Kind sagt: ‚Will Flase‘, kann einfach darauf geantwortet werden: ‚Ah, du hast Durst! Hier ist deine Flasche.‘ So werden korrekte Strukturen hörbar gemacht, ohne direkt zu korrigieren.“
Für Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, ist diese Herangehensweise besonders wertvoll. „Das Ziel ist, Freude an Sprache zu wecken. Bücher, die den Alltag thematisieren, helfen dabei, neue Wörter und Satzstrukturen zu entdecken.“
Wann ist professionelle Unterstützung sinnvoll?
Woran erkennen Pädagog:innen, ob gezielte logopädische Unterstützung notwendig ist? „Wenn Kinder kaum in Interaktion treten, wenn sie kaum sprechen oder sprachlich stark von Gleichaltrigen abweichen, sollte eine logopädische Fachkraft hinzugezogen werden“, empfiehlt Gruber. Sie rät dazu, frühzeitig Unterstützung zu suchen: „Sprachförderung ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Der Austausch zwischen Fachkräften und Eltern ist essenziell.“
„Sprache ist nicht nur ein Mittel zur Verständigung – sie öffnet Türen“, sagt Sophie Gruber. Wer mit Kindern arbeitet, sollte sich dessen bewusst sein. „Denn je spielerischer wir sie an Sprache heranführen, desto sicherer werden sie sie später nutzen.“
Die besten Tipps für den Kindergarten-Alltag - für Eltern und Pädagog:innen:
Bilderbücher aktiv nutzen, einfache Fragen stellen und über die Geschichte sprechen.
Reime und Lieder einbauen für spielerisches Sprechtraining mit Spaßfaktor.
Silbenklatschen und so phonologisches Bewusstsein schulen.
Klare, vollständige Sätze nutzen und Vorbild für korrektes Sprechen sein.
Blickkontakt und aktive Kommunikation gibt dem Kind sprachliche Sicherheit.
Fehler nicht direkt korrigieren sondern Sätze richtiggestellt wiederholen.
Rückfragen richten Sie bitte an:
Christian Hannes Marx
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